Wenn Autisten einkaufen gehen müssen, dann ist dies schon eine besondere Herausforderung. Man mutet uns Geräusche, Krach, Licht und optische Reise durch die Darbietung der Waren zu, die – aus meiner Sicht – auch Menschen ohne Autismus sicherlich keinen Spaß machen. Es gibt Licht am Horizont.
Einkaufen ist schmerzhaft und kräftezehrend
Wir Menschen mit Autismus reden über dieses Problem 1, 2 eines nerven- und kräftezehrenden 2 Einkaufen und müssen uns meist Wege suchen, damit der Erwerb von Lebensmitteln nicht zu einem Desaster wird: 30 min Einkaufen enden mit einem Tag in notwendiger Dunkelheit und Ruhe, um sich von einem Meltdown durch den Einkauf zu erholen.
Beispielbild:
(Quelle: Reddit 1)
Nun bin ich auf Reddit (altes und klassisches Social Media) auf 2 Kommentare gestoßen, die mir irgendwie Hoffnung machen, dass sich etwas ändert. OK. Der zweite Kommentar ist eher eine Aussage, wie es dann wohl in der realen Umsetzung aussieht, jedoch auch mit positiven Beispielen.
Die Zeit „Ruhiges Einkaufen“
Vielleicht wurde hier in dem oben aufgeführten Edeka eine Änderung für „ruhiges Einkaufen“ eingeführt, nicht aufgrund der primären Anforderungen von Autisten, sondern, weil die Anbieter der Waren und Produkte entsprechendes Feedback von anderen Menschen bekommen haben. Ich kann mir vorstellen, dass die Hinweise von Kunden für diesen positiven Trend sorgen: mehr Ruhe (reduzierte Reizüberflutung) in den Geschäften.
Es ist doch so einfach: Man lasse die Hintergrundmusik, die ja inzwischen meist eine Disco-Beschallung geworden ist, komplett weg. Dann kann man noch das Licht herunter dimmen und mit ein paar Hinweisschildern darauf aufmerksam machen, dass man während dieser Zeit bitte auf den Geräuschpegel achten soll. Das betrifft den Kunden und den Umgang mit den Lebensmitteln, wenn diese mal wieder in den Einkaufskorb geschmissen werden.
Warum sich reiz-reduziertes Einkaufen lohnt
Für den Händler ergäben sich doch Vorteile, die seinem grundsätzlichen Tun und Handeln (Waren verkaufen, um Geld zu verdienen) sehr viel zuträglicher wären:
- Die Reduzierung der Stromkosten, da keine Musik abgespielt wird (kleine Ersparnis).
- Reduzierung der Stromkosten, da die Leuchtmittel deutlich weniger Leistung verbrauchen (mittlere Ersparnis).
- Erhöhung der Kundenzufriedenheit, da möglicherweise nur wenige Kunden diese Reizüberflutung für gut befinden – unabhängig von Menschen mit Autismus oder nicht (potenziell mehr Kunden).
- Zufriedenere, entspannte und ausgeruhte Mitarbeiter, da diese auch nicht den ganzen Tag dieser Reizüberflutung ausgesetzt sein müssen (potenziell weniger Krankheitstage und mehr zufriedene Mitarbeiter).
Ehrlich, ich habe schon viele Menschen in meinem Umfeld gehört, dass sie genervt sind von den ganzen Reizüberflutungen und das Einkaufen anstrengend ist. Sollte man sich nicht darauf konzentrieren, was sich viele Menschen wünschen, mit weniger Reizüberflutungen einkaufen zu können, oder vielleicht grundsätzlich zwei Arten von Einkaufen ermöglichen: die „normalen“ Einkäufe und die „reiz-reduzierten“ Einkäufe?
Hier im Münchner Raum kenne ich aus dem privaten und beruflichen Umfeld nicht eine einzige Person – egal, ob jung oder alt- die mir auf mein Nachfragen bestätigt, dass große Einkaufs-Center wie das OEZ (Olympia Einkaufs-Zentrum) oder das PEZ (in Perlach) ein Ort sind, an dem man sich gerne aufhält. Oder auch Kaufland oder die Metro, die es hier in meiner Umgebung auch gibt. Es ist schon alles grenzwertig.
Es sollte doch eigentlich das Ziel sein, die Menschen zu sich zu ziehen, damit sie dort möglichst gerne viel Zeit verbringen – und Geld ausgeben.
Es geht in die richtige Richtung
Kurzum, liebe Verantwortliche von Edeka, Rewe, ALDI, Lidl, Penny und Co: Denkt bitte darüber nach, denn wie so oft gilt „Less is more!“
Fairerweise sollte man auch erwähnen, dass z. B. ALDI-Süd hier schon in Summe sehr entspannt unterwegs ist. Mein da-gehe-ich-immer-zum-Einkaufen-weil-ich-genau-weiß-wo-was-steht ALDI Süd ist von der Reizüberflutung schon in Ordnung.
Ich würde mich noch freuen, wenn Eltern, die mit Ihren Kindern einkaufen gehen, den ALDI nicht als Spiel- und Toll-Platz betrachten und ihre Kinder quer durch den Laden rennen lassen, während diese dann noch in den Regalen herummachen und Unordnung hereinbringen. Das kommt hier bei mir zum Glück nicht oft vor, jedoch zu oft. Wenn dann noch die Pipersei an der Kasse (Scannen der Produkte) nicht mehr so laut ist – es ist doch in Summe leiser – dann werden wir noch echte Freunde 😉
Wie als Betroffener vorgehen, um mehr zu erfahren
Grundsätzlich frage ich an den Kassen, genauer gesagt bei den Angestellten nach, ob sie mir ihre Spitzen-Zeiten nennen können, an denen gewöhnlich extrem viel los ist. Denn da müssen die Angestellten auch „ran“. Dann nehme ich die Zeiten und addiere/subtrahiere je eine Stunde und bekomme so in der Regel meine "wohl fühl“ Einkaufszeit. Abends ist es auch ok, da sind aber dann die Regale, Obst und Gemüse meist schon leer.
In diesem Sinne: ein ruhiges und stressfreies Einkaufen allen neurodiversen Menschen. Ich wünsche Euch eine "Happy Hour“
Quellen/Hinweise/Fußnoten: