Ständige Müdigkeit und Erschöpfung als Autist

Der Artikel wurde am 06.02.2023 aktuallisiert oder erweitert.

Leiden andere #ActuallyAutism Menschen auch unter extremer Erschöpfung? Ich habe gestern 18 Stunden am Stück geschlafen, und obwohl mein Partner versucht hat, mich zu wecken, konnte ich einfach nicht. Das passiert mir mehrmals im Monat.

Die Fragen und Antworten im FAQ-Bereich sind aus verschiedenen Quellen, wie Gesprächen, Dialogen aus Foren, oder öffentlichen Diskussionen.

Antworten, welche dazu abgegeben wurden:

  • Ja kenne ich, ca. einmal im Monat schlafe ich quasi das Wochenende durch
  • Ja, kenne ich unter dem Begriff "Autisten Burnout"
  • Kann ich so nicht bestätigen. Ist es unter Umständen eine Begleiterscheinung, wie Depression?

Kommentar

Meiner Meinung nach sind alle drei Antworten sehr interessant und mehr oder weniger zutreffend. Ich kenne die grundlegende Erschöpfung auch und habe immer wieder das Gefühl, dass selbst einen ganzen langen Tag lang schlafen nicht wirklich weiterhilft.

Man sollte diese Art von Müdigkeit nicht mit einer Müdigkeit vergleichen, die man am Abend hat, wenn man sein Tageswerk vollbracht hat. Die Müdigkeit wirkt sich zusätzlich belastend aus, da man aufgrund der Müdigkeit meist nicht in der Lage ist, etwas zu unternehmen oder gut zu kommunizieren. Sie lähmt einen.

Hinzu kommt, dass gerade hochfunktionelle Autisten sehr stark davon betroffen sein sollten. Für mich gilt, wenn der Tag mit dem wachwerden beginnt, ist mein Gehirn sofort am Arbeiten. Mir gehen mehrere Gedanken gleichzeitig durch den Kopf und ich versuche dafür Lösungen zu finden. Und das, wo ich doch erst wach geworden und auf dem Weg in die Küche bin, um mir meinen Guten-Morgen-Tee zu machen. Obwohl noch nichts passiert ist, ist mein Gehirn auf voller Leistung. Ich bemerke auch den Energieverbrauch, da ich sehr viel Kalorien zu mir nehme, jedoch keine Gewichtszunahme habe.

Einschätzung:

Meine Einschätzung möchte ich mit ein paar Zitaten aus Büchern beginnen, die es lohnt, zu lesen.

In einem Buch von Daniela Dankova 1 wurde dies intensiv besprochen, dass die Erschöpfung eine leider dominante Rolle im Leben von Autisten einnimmt, oder einnehmen kann.

Zitat: … die negativen autistischen Symptome zu kompensieren, um nicht negativ aufzufallen. Auf Dauer kostet das – vor allem, wenn überkompensiert wird – viel Energie. Der Energiemangel kann zusätzlich zu Stress, Erschöpfung und Depression …

Man sieht auch hier, dass es für Autisten in einer neurotypischen Welt sehr energieraubend ist.

Zitat: … Autisten können eigene Körperempfindungen wie Hunger, Durst, Müdigkeit, Erschöpfung und Schmerz nicht richtig einordnen und auch nicht voneinander unterscheiden. 5 Verschiedene Empfindungen fühlen sich für sie beinahe gleich an …

Ich glaube, man kann sich gut ausmalen, was es zudem bedeutet, wenn diese wichtigen Empfindungen nicht richtig bewerten können und es zu einer Fehleinschätzung kommt.

Auch Isabel Dziobek 2 und Sandra Stoll 2 weißen in ihrem Buch immer wieder darauf hin, dass ist viele verschiedene Möglichkeiten und Ursachen für die Erschöpfung eines Autisten gibt. Entscheidend ist, diese Erschöpfungen sind nicht zu unterschätzen.

Zitat: … Häufig entstehen jedoch Kosten in Form von Erschöpfung durch die andauernde Fokussierung von Ressourcen auf die Kompensationsmechanismen. Interessanterweise ist das Risiko für eine komorbide depressive Störung vor allem bei Personen mit …

Zusammengefasst

Die Erschöpfung eines Autisten sollte man ernst nehmen und nach möglichen Lösungen suchen. Dies geht aus meiner Sicht im ersten Schritt durch die gemeinsame Akzeptanz „beider“ Seiten, dem Betroffenen und dem Partner, oder der Familie – und dann im zweiten Schritt zusammen mit einem Fachmann.

Vielleicht bist schon mit einem Psychotherapeuten, oder einen Psychiater in Kontakt. Dann empfiehlt es sich, dieses Thema offen und in seiner vollen „Dramaturgie“ den Fachleuten zu beschreiben. Ich schreibe deshalb Dramaturgie, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass man die wirklichen Auswirkungen dieser Themen teilweise gar nicht richtig beschreiben kann, da es Dauerzustände sind und sich meist schon ganz „normal“ anfühlen.

Nur wenn das vertraute Umfeld und die Fachleute über die wirklichen Auswirkungen Bescheid wissen, können Sie mit Euch einen gemeinsamen Weg finden, um eine Entlastung herbeizuführen.

Erschöpfung und Depressionen als Begleiterkrankungen können mittel- und langfristig die Suizidgefahr erhöhen. Das sollten wir vermeiden.


Quellen/Hinweise/Fußnoten:

Bild von Arek Socha auf Pixabay


  1. Buch "Autismus-Spektrum-Störung: Asperger-Syndrom Symptomatik, Therapie, Alltagsbewältigung und Partnerschaften" (von Daniela Dankova). Link: https://www.bod.de/buchshop/autismus-spektrum-stoerung-asperger-syndrom-daniela-dankova-9783752642223 

  2. Buch "Hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen. Ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual" (erscheint im Q1/2023, von Isabel Dziobek/Sandra Stoll) https://shop.kohlhammer.de/hochfunktionaler-autismus-bei-erwachsenen-43081.html#147=20